Weinbar Rix, Köln
Die deutsch-französische Weinakademikerin Valentine Mühlberger eröffnete vor rund zwei Jahren mit der Bar Rix im Kölner Friesenviertel eine kleine gemütliche Weinstube, in der man vor allem deutsche und französische Weine genießen kann. Sie hat die Corona-Krise kreativ genutzt und den Außer-Haus-Verkauf neu aufgestellt sowie virtuelle Weinproben organisiert.
Valentine Mühlberger: „Mein Eindruck ist eher verhalten: Es lief bisher sehr ruhig an, die Straßen sind noch leer. Touristen, Kino- und Theater-Besucher, Nachtschwärmer fehlen im Herzen der Stadt. Was mich aber sehr erfreut, ist die liebevolle, solidarische Unterstützung von treuen Gästen. Diese Menschen bewegen wirklich etwas für ihre ‚locals‘. Das macht Mut, spendet Kraft, gibt Zuversicht. Zum Thema Auslastung: Der 1,50 Meter-Abstand ist in meiner kleinen Weinbar fatal. Mir bleiben nur zwei Tischgruppen …., da reden wir von 20 bis 30 Prozent. In den letzten Wochen habe ich den Außer-Haus-Verkauf von Weinflaschen ausgebaut und sogenannte ‚Rix Packs‘ zusammengestellt.
Die regelmäßig stattfindenden Weinproben haben ein neues Format gefunden: sie sind jetzt online und ich führe sie mit einem Winzer oder einer Winzerin durch. So hatten wir zum Beispiel sehr unterhaltsame ZOOM-Abende mit Thorsten Melsheimer und Theresa Breuer.
Ohne diese Maßnahmen wäre ich wahrscheinlich bei 10 Prozent meines Umsatzes.
Außerdem arbeite ich zwei Tage die Woche bei Julia Bertram und Benedikt Baltes im Weinberg an der Ahr.
Das wollte ich schon immer mal machen und ‚dank‘ Corona habe ich die Zeit dafür. Meine Öffnungszeiten habe ich angepasst: ich schließe früher. Es ist einfach zu wenig los. Wenn sich die Menschen an das ‚hygienische‘ Ausgehen gewöhnt haben, öffne ich wieder länger.
Was die Politik tun könnte? Hilfreich wären Plexiglas-Trennscheiben zwischen den Tischen, die den Mindestabstand minimieren. Auch eine lockere Handhabung der Außengastronomie würde zusätzliche Plätze bringen. Die 7% MwSt.-Regelung sollte auch auf Getränke ausgeweitet werden und langfristig niedrig bleiben. Das wären Fortschritte.
Denn wenn sich nichts weiter ändert, sind weitere Zuschüsse notwendig. Die Soforthilfe war die Rettung für die ersten drei Monate. Da ich keine Angestellten habe und auch kein Essen anbiete, bin ich noch glimpflich davon gekommen. Des Rätsels Lösung ist wohl der Impfstoff. Solange müssen wir erfinderisch und mutig sein. Klar, es sind dramatische Aussichten für unsere Branche, aber hoffentlich ist es bald vorbei.“
Witwenball, Hamburg
Die Weinbar Witwenball in Hamburgs Schanzenviertel hat sich in wenigen Jahren zu einer festen Größe für hanseatische Weinkenner entwickelt. Inhaber Julia & Axel Bode bieten mit ihrem Team nicht nur eine spannende Weinkarte mit vielen Geheimtipps, sondern auch feine Speisen an. Axel sieht die Lage relativ nüchtern und fordert unter anderem eine Aufstockung des Kurzarbeitergeldes.
Axel Bode: „Zunächst muss man sagen: Wir haben nicht geöffnet. Was wir dürfen ist, einen kleinen Teil unseres Betriebes nur unter strengen Auflagen anlaufen lassen. Die ersten Tage verliefen aber wirklich gut.
Es sind sehr viele Stammgäste gekommen, die uns schon auch während der Corona-Zeit unterstützt haben. ‚Jetzt wollen wir mal richtig Umsatz machen für euch‘, sagten wortwörtlich einige. Jedoch haben wir von den bisherigen 80 Plätzen nunmehr 32 übrig, die wir versuchen, mit Mehrfachbelegungen wieder zu kompensieren. Die Auslastung ist unter den Umständen aktuell noch gut.
Unser Glück ist, dass wir über eine gewisse Raumgröße verfügen, bei der wir immerhin noch Sitzplätze anbieten können. Ich kenne Restaurants von Kollegen, bei denen durch die räumliche Struktur eine Teilöffnung völlig unmöglich ist.
Nur von "Unterstützern" und Stammgästen allein werden wir aber längerfristig nicht wirtschaftlich genug arbeiten können. Es gibt einfach einen großen Teil in der Bevölkerung, der noch verunsichert ist und sich nicht traut, ein Restaurant aufzusuchen. Wie groß dieser ist, wird sich in den nächsten Wochen zeigen. Dass ausgerechnet parallel zu den ersten Lockerungsmaßnahmen in der Gastronomie, das Thema „Aerosole" aufkommt, sorgt jetzt natürlich für noch mehr Unsicherheit.
Derzeit haben wir statt an sechs Wochentagen, nur an vier geöffnet. Alle Mitarbeiter sind nach wie vor in Kurzarbeit. Wünschenswert an die Politik: Für die Mitarbeiter ist eine Aufstockung des Kurzarbeitergeldes auf 80 Prozent lebenswichtig, um die Maßnahmen längerfristig durchzuhalten. Ganz besonders schlimm trifft es unsere studentischen Aushilfen. Denn sie haben keine Sozialbeiträge geleistet, insofern steht ihnen auch kein Kurzarbeitergeld zu. Sie erhalten schlichtweg nichts und müssen sich auf dem jetzt sehr eng gewordenen Markt an Aushilfsjobs irgendwas anderes suchen.
Auch unsere Reserven sind bald erschöpft, denn viele Kosten (Miete, Leasingraten, Versicherungen, Löhne für Auszubildende etc.) laufen natürlich trotz Stundungen und Kurzarbeitergeld weiter. Was wir an Soforthilfen vom Bund und der Stadt erhalten haben, beträgt in der Summe ungefähr das, was wir in 2,5 Monaten "normalerweise" an Steuern zahlen.
Nun ist der Punkt gekommen, an dem wir im Sinne einer gerechten Verteilung dieser Gelder leider mehr Unterstützung brauchen. Die Gastronomie benötigt dringend Liquidität, um diese Reise ins Ungewisse zu bestreiten. Die Gastronomie ist Teil unserer Kultur und wertvoll für den Tourismus in unserer Stadt. Außerdem erwarte ich eine dauerhafte Senkung des Mehrwertsteuersatzes in der Gastronomie auf 7 Prozent sowohl bei Essen als auch Getränken.“
Schmitz Brasserie & Vinothek, Oldenburg
Die Michael Schmitz Brasserie und Vinothek im Herzen von Oldenburg holt ein Stück Paris nach Norddeutschland und gibt sich klassisch-französisch. Hotelier Michael Schmitz, der gemeinsam mit Ehefrau Andrea das Hotel Altera führt, hat die Brasserie 2013 eröffnet. Auch er hofft auf einen warmen Sommer mit erhöhter Terrassenkapazität, um den fehlenden Umsatz im Innenraum etwas wettzumachen.
Michael Schmitz: „Ja, der Wahnsinn wird uns noch etwas begleiten. Unsere ersten Tage kann man so beschreiben: erst einmal große Freude, wieder Gastgeber zu sein! Es kam sehr viel Zuspruch von Seiten der Stammgäste. Aber es ist auch eine völlig neue Denke notwendig, um mit 50 Prozent der Plätze akzeptable Umsätze zu generieren. Aber insgesamt sind wir recht gut gestartet und hoffen jetzt auf einen warmen Sommer, da wir die Terrasse flächenmäßig massiv vergrößern können! Ein echter Lichtblick! Positiv ist, dass wir mit vier Restaurants Chef’s Kitchen gegründet haben (www.chefskitchen.shop). Das bedeutet: Restaurantfeeling und Qualität für zuhause in zehn Minuten ohne Kochstress!
Das ist mega gestartet und wir gehen im Juni bundesweit an den Start. Das macht echt Spaß und zeigt, dass man Krise auch als Chance sehen kann! Von der Politik brauchen wir einen klaren Rettungsschirm, da die Umsätze schlicht weg sind und die kommenden Monate massiv reduziert laufen werden bis ein Impfstoff verfügbar ist. Wir haben ja keine Nachholeffekte! Und 7 Prozent Mehrwertsteuer auf Getränke wären eine echte Maßnahme, die viel retten könnte.“
Weinbar Ideal / Smells like..., Münster
Erkan Ular betreibt in Münster zwei Läden, die Weinbar Ideal und das Smells like... Bei der ersteren fehlt ihm vor allem die Ausgeh- und Trinkbereitschaft der Laufkundschaft, doch mit seiner positiven Einstellung versucht er seine und die Laune seiner Stammgäste im Smells like... oben zu halten.
Erkan Ular: „Da ich zwei Weinbars mit unterschiedlichen Konzepten habe, ist der erste Eindruck 50/50 bei mir. Im Ideal in der Innenstadt sind die ersten Tage eher verhalten gewesen. Die Laufkundschaft ist da eher ein wenig vorsichtig und noch nicht so richtig in Kauf- und Trinklaune. Im smells like... (Event- & Gastroraum) im Hinterhof kommen die Stammgäste hingegen in Scharen und wir müssen sogar mit Einlasskontrolle arbeiten, damit wir nicht zu viele Gäste im Hof oder an der Tafel haben. Also dort läuft alles bombig.
Es nervt eigentlich nur immer und mit jedem über das gleiche Thema zu sprechen (Corona). Ich versuche jedoch die Gespräche in eine schöne Richtung zu lenken, damit so schnell wie möglich auch bei den Stammkunden wieder „normales“ Ausgehverhalten herrscht.
Das schönste Erlebnis war jetzt letzten
Die Politik muss noch an sehr vielen Schrauben drehen, wenn sie möchte, dass es auch nächstes Jahr noch inhabergeführte Läden gibt. Sonst sehe ich für viele schwarz, selbst wenn sie jahrelang gute schwarze Zahlen geschrieben haben. Ich befürchte, dass es in ein paar Monaten noch mehr Systemgastronomie in Münsters Innenstadt geben wird.“
Wir werden die Lage in den nächsten Wochen weiter beobachten und an dieser Stelle berichten, wie sich die Situation entwickelt.
Bis dahin, bleibt gesund und genießt das Leben!
PS: Bist du Gastronom und möchtest deine Erfahrungen teilen?
Dann sprich uns gerne an: ichliebe@schluck-magazin.de