Marcel und Miriam, der Name MaMi’s ergibt sich aus euren Vornamen, das klingt nach echter Geschwisterliebe. Wie kam es dazu, dass ihr beide heute zusammenarbeitet?
Marcel: Tatsächlich war es die Gastronomie, die uns zusammengehalten hat. Da wir beide mit Beginn der Ausbildung von zu Hause auszogen und die ersten Jahre mindestens 300 Kilometer voneinander entfernt lebten, war es immer etwas ganz Besonderes für uns, sich gegenseitig zu besuchen, im Restaurant der Schwester bzw. des Bruders zu essen und diese wenigen Tage im Jahr immer groß zu zelebrieren. Irgendwann haben sich unsere Stationen überschnitten, sodass wir zeitweise in einer WG auf Mallorca wohnten oder beide zur selben Zeit in Ischgl arbeiteten.
War bzw. ist das Gastro-Geschwistertum seitdem bei euch die reinste Harmonie oder gibt’s manchmal auch Zoff?
Miriam: Der Vorteil ist natürlich, dass wir schon als Kinder gelernt haben zu streiten und uns wieder zu vertragen. Im Erwachsenenalter ist das komplizierter. Da wir in den wichtigen Dingen wie zum Beispiel Qualitätsanspruch immer einer Meinung sind, geht es meist nur um Kleinigkeiten.
Der Name klingt auch nach den Lieblingsrezepten von Mama. War das Absicht oder Zufall?
Marcel: Wir wollten einen Namen, der eine Verbindung zwischen uns beiden herstellt. Von Anfang an war das bereits MaMi oder H2M. Tatsächlich sind wir mit sehr hochwertiger Hausmanns-Kost aufgewachsen und geschmacklich von unserer Mama geeicht worden. Allerdings hat unsere Küche mit Mamas Küche im klassischen Sinn wenig gemein, doch wir wollen dieses Gefühl vermitteln, nach Hause zu kommen und von Mama bekocht zu werden. Unsere Devise ist also: Ankommen und Wohlfühlen wie bei Mama, mit einer Prise Soulfood.
Ihr habt in der "Corona-Zeit" euer Weinbistrot- und Restaurant eröffnet. Wie hat die Pandemie eure Planung beeinflusst und warum ist Aufgeben keine Option für euch?
Marcel: Wir hatten tatsächlich viel mehr Zeit zum Planen und Durchdenken. Manchmal vermutlich sogar zu viel Zeit, zum Beispiel als wir tagelang über Teetassen diskutierten. Natürlich mussten wir uns auch Gedanken über alternative Konzepte machen, denn nur nach Schema F, reicht heutzutage nicht mehr, das hat uns die Pandemie gezeigt. Aufgeben war dennoch keine Option, denn die Gastronomie ist unser Leben und unser eigenes Restaurant ist unser Traum. Dass es kein Kinderspiel wird, war klar und da wir jetzt erst öffnen, haben wir die wirklich harten Zeiten nicht als Unternehmer, sondern als Arbeitnehmer erlebt. Doch auch als Arbeitnehmer war die Zeit hart, nicht nur aus finanziellen Gründen, sondern auch, weil das, wofür du lebst, einfach abgeschafft wurde. Aber auch das motivierte uns etwas auf die Beine zu stellen, statt mit dem Sofa zu verschmelzen und mit dem Wein zu kuscheln.
Warum habt ihr gerade Berlin als Heimat für das MaMi’s ausgewählt und wer hat euch bei dessen Aufbau unterstützt?
Miriam: Zur Auswahl standen Ende 2018 das Kamptal, wo ich damals lebte. Und Berlin, wo Marcel wohnte. Ich war damals häufiger zu Besuch in Berlin und immer von der Kulinarik, dem Leben und der Vielfalt begeistert … und so wurde es letztendlich Berlin.
Marcel: Es ist toll, wieviel Unterstützung wir von Freunden, Bekannten und ehemaligen Kollegen erfahren haben. Beim Design von Speisekarte und Logo hat uns eine alte Kollegin von Miriam geholfen, die Homepage haben wir zusammen mit meinem ehemaligen Mitbewohner gebaut. Auch beim Umbau halfen uns Freunde, sodass wir fast alles ohne Handwerker renoviert haben.
Wie setzt ihr euch von der Gastro-Vielfalt Berlins ab?
Marcel: Wir nehmen uns meist selbst als Beispiel. Wenn wir essen und trinken gehen, ist uns gute Qualität und "Wohlfühlen" sehr wichtig.
Miriam: Das MaMi's soll ein Ort des ungezwungenen Genusses sein, aber auch ein Ort an dem jeder neue Erfahrungen machen kann. Sei es der Küchenstil von Marcel, der natürlich durch seine vierjährige Tätigkeit bei Tim Raue geprägt wurde, aber auch durch all die anderen Restaurants, in denen er vorher gearbeitet hat.
Vier Jahre Sous Chef bei Tim Raue
Auf unserer Weinkarte gibt es viele tolle Weingüter, die in Berlin bisher wenig verbreitet sind - die ich jedoch schon längst ins Herz geschlossen habe! Es ist uns ein großes Anliegen, den perfekten Wein zum jeweiligen Gericht glasweise anzubieten. Seit diesem Jahr haben wir sogar einen "Bib Gourmand" (Anmerkung d. Redaktion: Der Bib Gourmand-Award für das beste Preis-Leistungs-Verhältnis des Guide Michelin) und unsere Weinkarte - mit rund 250 Positionen - wurde letztes Jahr mit 5 Trauben im Gault Millau ausgezeichnet.
WoW, das klingt toll!
Marcel (schmunzelt): ... und die Küche mit einer Haube!
Miriam (lacht): Ja, das hätte ich im nächsten Satz erwähnt!
Food-Sharing ist ein essentieller Aspekt eurer Philosophie. Kleine Portionen im Tapas-Style, das erinnert sehr an Spanien. Was ist euch daran so wichtig? Und womit wollt ihr den Geschmack der Berliner Kundschaft treffen?
Marcel: Als wir beide auf Mallorca gearbeitet haben, hat uns das Sharing-Prinzip immer sehr gut gefallen. Es macht einfach so viel Spaß, verschiedene Sachen zu kosten und es ist außerdem sehr spannend, sich durch einen Tisch voll mit Kleinigkeiten zu probieren, sich nebenbei zu unterhalten und viel zu lachen. Dazu guter Wein, was will man mehr?
Nach welchem Prinzip habt ihr eure Wein- bzw. Speisekarte kuratiert? Und wie habt ihr beides harmonisch aufeinander abgestimmt?
Marcel: Wir möchten Soulfood mit Aromen aus Asien kombinieren, wie eine spanische Gazpacho mit thailändischen Aromaten wie Ingwer, Zitronengras und Chili oder unsere MaMi Bolo - unsere Vorstellung einer Bolognese mit verschiedenen Chilipasten und Gewürzen. Mittlerweile ist sie unser beliebter Signature Dish. Das Ganze wird mit einem Salatblatt, Röstzwiebeln und Koriander mit der Hand gegessen.
"Wir haben nur Weine, die ich wirklich mag."
Außerdem ist unsere Speisekarte so gestaltet, dass wir keine verschiedenen Größen wie Hauptgang oder Vorspeise servieren, sondern jeder Gang die gleiche Wichtigkeit erhält. In den letzten Jahren hat es sich so entwickelt, dass unsere Gäste am liebsten unser Menü bestellen.
Miriam: Bei der Weinauswahl haben wir uns auf Weine konzentriert, zu denen wir eine Verbindung haben und nur Weine, die ich wirklich mag. Daher gibt es nicht aus jeder Region einen Wein, sondern dafür mehr Weine aus dem Kamptal, meiner ehemaligen Wahlheimat. Die Weine gemeinsam auf das Essen abzustimmen macht großen Spaß, da Marcel gern seine Gerichte mit Wein verkostet und dann auch auf die Weinauswahl Rücksicht nimmt.
Wie geht ihr auf Kunden zu, die keine genaue Vorstellung haben, was ihnen schmeckt oder welche Weine mit welchen Speisen harmonieren?
Miriam: Prinzipiell liebe ich Food & Wine Pairing aber manchmal gibt es auch Tage, da will man lieber eine Flasche leichten, mineralischen oder knackigen Riesling trinken, obwohl es Schmorbraten gibt und dann ist das so. Der Wein soll lieber zu dir und deiner Stimmung passen als 100 Prozent zum Essen. Da wir natürlich auch immer gern eine Bandbreite an offenen Weinen haben, gebe ich gern ein Schlückchen an unentschlossene Gäste, um die Entscheidung zu erleichtern. Aufgrund meiner Erfahrung habe ich ein gutes Gefühl für den Gast, um zu erahnen, was ihm gefällt.
Was esst und trinkt ihr, wenn ihr mal einen Moment für euch habt?
Miriam: Ich öffne mir eine Flasche Sparkling, von Cava über Winzersekt bis Champagner ... da bin ich sehr flexibel. Dazu mache ich Musik an, und backe laut und falsch mitsingend einen Kuchen.
Marcel: Ich trinke dann gern reifen Riesling und bestelle mir etwas bei den Kollegen oder gehe natürlich selber gerne essen.
Was inspiriert euch aktuell in eurer Freizeit?
Miriam: Radfahren ist für mich eine gute Möglichkeit den Kopf abzuschalten, und ein Fläschchen Wein ist auch immer wieder inspirierend.
Marcel: In den letzten Monaten hatte ich endlich Zeit, meine Kochbücher zu durchstöbern aber auch mit Musik in den Ohren durch Berlin zu radeln, das befreit den Geist.
Welchen Traum wollt ihr noch unbedingt umsetzen und warum?
Marcel: Der größte Traum startet jetzt. Später hätte ich irgendwann gern einen kleinen Bauernhof auf Mallorca und ein paar Tiere.
Miriam: Ich hätte gerne irgendwann einen Gnadenhof, auf dem ich alten Pferden, Katzen oder Hunden einen schönen Lebensabend bereiten kann. Aber das dauert vermutlich noch ein ganzes Weilchen ...
Das klingt großartig! Vielen Dank für das Interview!