Die Tragödie ist noch nicht allzu lange her.
Am 7. Januar 2015 bekam Paris den Hass der islamistischen Welt zu spüren, als zwei islamistische Terroristen in die Redaktion der Satirezeitung Charlie Hebdo eindrangen, dort die Namen einiger bekannter Zeichner riefen und diese dann erschossen. Unter anderem auch Stèphane Charbonnier, Georges Wolinski und Bernard Verlhac.
Der Grund: Sie hatten den Propheten Mohammed gezeichnet. Noch dazu in spöttisch verächtlicher Weise, wie es eben dem Vorhaben einer Satirezeitung entspricht. Zuerst kamen Morddrohungen, dann kam Polizeischutz, dann starben der Polizeischutz mit den Zeichnern. Jetzt weiß man, dass die Islamisten eher schlicht denken – sie nehmen sich ein Ziel vor und führen es aus. Damit kann man rechnen.
Charbonnier, Wolinski und Verlhac werden nicht die Letzten sein, die Opfer des blutrünstigen Islamismus wurden, der uns in einen neuen, eigentlich seit 2011 schon existenten Weltkrieg zwingen will.
Es gab ein bisschen Geld und viel zu trinken.
Wer jetzt die Frage stellt, was ein mit Islamismus und Politik befasster Text in einem Weinmagazin zu suchen hat, dem gebe ich zwei Antworten.
Die erste Antwort: Alles hat überall Platz. Geschützte Zonen gibt es keine. Auch hier nicht. Mit uns klappt kein Biedermeier.
Die zweite Antwort: Stéphane Charbonnier, Georges Wolinski und Bernard Verlhac haben für den Bordelaiser Weinmacher Gérard Descrambe Etiketten gestaltet. Großartige Etiketten. Großartig witzige Etiketten. Zuerst für Descrambes Château Barrail des Graves. Und nachdem Descrambe das Château verkauft hatte, zeichneten die drei die Etiketten für seine Nachfolgefirma Château Renaissance.
Es gab ein bisschen Geld und viel zu trinken und Descrambe ließ die drei machen, was sie wollten.
„Scheiß dir nicht aus Angst vor den Wichtigen und Mächtigen in die Hose."
So beschimpften sie Jean-Marie Le Pen, einen der längstdienenden Rechtsradikalen Europas (seine Tochter ist erfreulicherweise nicht französische Präsidentin geworden), machten sich über Lokalmatadore lustig und pinselten ein paar leicht sexistische Labels – wie es in Frankreich auch unter Linken Brauch ist.
Wir in der Redaktion sind schon sehr früh auf die Etiketten gestoßen und haben einige davon exklusiv zum Abdruck mit nach Berlin genommen. Der Humor der Charlie-Hebdo-Zeichner mag nicht jedem gefallen, er gefällt aber fast jedem Franzosen, denn dort haben die Satiriker und Spötter eine feste Tradition. Und diese Tradition hat einen simplen Kernsatz: „Scheiß dir nicht aus Angst vor den Wichtigen und Mächtigen in die Hose. Und auch nicht vor den selbst ernannten Vertretern des Propheten.“
Das Attentat hat diese Tradition und ihren Kernsatz ins Wanken gebracht. Das ist nicht so einfach wegzudiskutieren. Und auch Gérard Descrambe will keine Satire-Etiketten mehr auf seine Flaschen kleben. In den Januartagen 2015 ist etwas sehr Wertvolles abhanden gekommen: Die Freiheit des Spötters, die die Freiheit des Denkens ist.
Es ist etwas sehr Wertvolles abhanden gekommen: Die Freiheit des Spötters, die die Freiheit des Denkens ist.