Bis vor Kurzem waren die Weine des Alto Piemonte, des nördlichen Piemont, so gut wie unbekannt. Ghemme, Gattinara, Lessona, Boca. Hand aufs Herz, wer kannte die schon? Wer hatte diese Weine je probiert? So gut wie niemand. Außer den echten Nebbiolo-Nerds natürlich. Dann kaufte Roberto Conterno vom Barolo-Kultweingut Giacomo Conterno die historischen Cantine Nervi in Gattinara und quasi über Nacht richtete sich der Blick der internationalen Weinwelt auf das bislang wenig beachtete Anbaugebiet. Das war 2018.
Eine völlig absurde Idee!
Dabei hatte schon zwanzig Jahre vor Conterno ein berühmter Winzer hier investiert, nur leiser, bescheidener und damals kaum beachtet: 1999 begann Paolo de Marchi vom toskanischen Spitzenweingut Isole e Olena, das alte Familienweingut im verschlafenen Lessona wieder aufzubauen. De Marchi hegte den tiefen Wunsch, ein kleines Stück der großen Weinbau-Vergangenheit des Alto Piemonte ins Leben zurückzuholen.
Eine völlig absurde Idee! Denn das Weinbaugebiet war tot. Schon seit Jahrzehnten vergessen. Wozu hier Geld verbrennen? So gut wie jeder, der die entsprechenden Mittel besaß, von Antinori bis Zonin, investierte zu dieser Zeit in Weinberge in der Maremma, in der südlichen Toskana. De Marchi interessierte das nicht. Ach, ja: Dass die Maremma in nicht allzu ferner Zukunft floppen würde, wollte sich damals niemand vorstellen. Alle waren von der Aussicht aufs schnelle Geld geblendet… und die Mode vorbei, noch bevor die Investitionen wieder drin waren.
Glorreiche Vergangenheit
Über Jahrhunderte wurden im Alto Piemonte die Luxusweine Italiens und Europas erzeugt. Bereits 1648 gab es detaillierte Karten, auf denen die einzelnen Crus verzeichnet waren, noch bevor es sowas in Burgund gab.
Auf Augenhöhe mit Burgund &Bordeaux
Anders als beispielsweise in der Toskana, wo früher nahezu die gesamte Weinproduktion von wenigen Handelshäusern vermarktet wurde, gab es im Nordpiemont schon immer viel Privatbesitz, aufgeteilt auf kleine, mittlere und sehr große Weingüter.
„Im 17. und 18. Jahrhundert gab es für Rotwein nur drei Gebiete, in denen es Flaschenfüllungen gab. Bordeaux, Burgund und Alto Piemonte. Wie der Wein damals genau beschaffen war, lässt sich nicht mehr sagen. Sicher ist nur, dass er gut war. Denn Glas war kostbar, deutlich teurer als der Wein selbst. Nur was sich wirklich lohnte, wurde abgefüllt“, weiß Christoph Künzli vom Weingut Le Piane in Boca.
In Flaschen wurde der Wein leichter transportierbar und konnte exportiert werden. Oft bis nach Amerika. Für die Amerikaner bestand Rotwein-Europa damals folglich aus nur diesen drei Gebieten. Einer der berühmtesten Weinfreaks mit Faible fürs Nordpiemont war Thomas Jefferson (1743 – 1826), dritter Präsident der Vereinigten Staaten. Und auf dem Festbankett zur italienischen Einigung 1861 wurde nicht etwa Barolo getrunken. Nein, man feierte mit Lessona. Damals der Inbegriff für Spitzenwein.
Noch Ende des 19. Jahrhunderts war das Alto Piemonte das bekannteste und größte zusammen-hängende Weingebiet Italiens. 40.000 Hektar waren hier mit Reben bepflanzt, das entspricht der heutigen Gesamtrebfläche der Region Piemont.
Bei meinem ersten Besuch in Lessona im Jahr 2001 erzählte mir Paolo de Marchi wehmütig, dass die Gegend damals ähnlich aussah wie heute die Barolo-Weinberge in den Langhe: eine über und über mit Reben bedeckte Hügellandschaft. Heute ist fast alles von Wald überzogen. Wo früher Reben standen, wuchern Robinien und Kastanien. Aber wer durch die Wälder streift, entdeckt im Dickicht noch Spuren der großen Vergangenheit: Überreste zusammengefallener Weinbergshäuschen und terrassiertes Gelände.
Hagel, Reblaus, Textilfabriken
Wie aber konnte das Gebiet so komplett in Vergessenheit geraten? Ein Gebiet, das schon 400 Jahre vor Barolo und Barbaresco berühmt war, von den Super Tuscans ganz zu schweigen. Die Gründe sind vielfältig: eine immer stärkere Fragmentierung der Weinberge durch Erbteilung und die neuen Rebkrankheiten aus Übersee, vor allem die Reblaus. Aber auch ein verheerender Hagelsturm im August 1905, der in einigen Gegenden alles vernichtete: Weinberge, Reben, Pfähle, alles. Für viele Betriebe bedeutete dies das Ende. Immer mehr Bauern gaben auf und suchten sich einen bequemeren Arbeitsplatz in der wachsenden Textilindustrie. Die Rebfläche schrumpfte rasant.
In der Appellation Lessona hörte der Weinbau damals praktisch auf zu existieren. Paolo de Marchi erklärt: „Die Gemeinde Lessona ist 1.200 Hektar groß. Früher waren zwei Drittel der Fläche mit Weinbergen bedeckt. Als wir im Jahr 2000 begannen hier Reben zu pflanzen, gab es kaum mehr als drei Hektar und nur noch einen einzigen Erzeuger.“ Heute, knapp 25 Jahre später, sind es immerhin wieder rund 40 Hektar und 15, 16 Produzenten.
Etwas besser sah es in Gattinara und Ghemme aus, wo nach dem Unwetter sogar neue Weingüter entstanden. 1906 konnte Luigi Nervi im schönsten Teil von Gattinara 25 Hektar in einem zusammenhängenden Stück erwerben. Denn die ehemaligen Besitzer hatten aufgegeben, niemand war mehr an dem Land interessiert.
In Boca setzte die Landflucht später ein, wie Christoph Künzli erzählt: „Noch 1955 waren die Hügel von Boca über und über mit Reben bedeckt. Das zeigen Luftaufnahmen aus der Zeit. Aber dann scheinen die Leute schlagartig aufgehört zu haben.“ Und das lag nicht allein am großen Hagelsturm Anfang der 1950er. In den Tälern rund um die Weingebiete entstanden hunderte von Textilfabriken, die tausende Arbeitskräfte brauchten. Es lohnte sich mehr in der Fabrik zu arbeiten als sich für einen Wein abzumühen, der zwar gut war, für den aber nur wenig bezahlt wurde.
„Ich stelle mir vor, dass das damals übers Wochenende passiert ist. Dass der Vater der Familie am Sonntag beim Essen mitteilte, das er ab morgen nicht mehr in den Weinberg geht, sondern in die Fabrik. Und die Jungen waren natürlich einverstanden. Die hatten sowieso keine Lust mehr in den Reben zu buckeln, wo alles ohne Traktor gemacht werden musste.“ Laut Künzli besaß das damalige Gebiet Boca ähnliche Ausmaße wie heute Barolo.
Im Schutz des Monte Rosa
Zum Alto Piemonte gehören sieben Gemeinde-Appellationen, von West nach Ost sind das: Lessona, Bramaterra, Gattinara, Ghemme, Sizzano und Fara sowie Boca. Hinzu kommen noch zwei übergreifende Appellationen: Coste della Sesia und Colline Novaresi. Die erste liegt westlich des Flusses Sesia, die zweite östlich. In den Gemeindeappellationen besteht der Wein aus Nebbiolo (hier auch Spanna genannt). In Lessona, Gattinara und Ghemme bis zu 100 Prozent. Für die Weine Bramaterra, Sizzano, Fara und Boca ist zusätzlich ein kleiner Anteil anderer Rebsorten vorgeschrieben.
Nur der Vollständigkeit halber: Auch die Appellation Val d’Ossola wird zum Alto Piemonte gezählt. Für mich gehört sie gefühlsmäßig nicht so ganz dazu: Denn während die Gebiete von Lessona bis Boca etwa auf gleicher geographischer Breite liegen, befindet sich das Val d’Ossola weiter nördlich. Die Weinberge hier liegen höher, die Weine werden traditionell an der Pergola erzogen. Es sind eher Bergweine, wie in Carema oder Donnas im Aosta-Tal. Die Weine sind hier meist fruchtiger, karger und weniger tiefgründig.
Im Alto Piemonte verläuft die tektonische Verwerfungslinie zwischen afrikanischer und eurasischer Kontinentalplatte. Das macht das Gebiet zu einer der geologisch interessantesten Gegenden der Welt. Man trifft hier auf die unterschiedlichsten erdgeschichtlichen Formationen. Teils sind Gesteinsschichten aus bis zu 25 bis 30 Kilometern Tiefe zu Tage getreten. Die Verschiedenartigkeit der Böden verleiht den Weinen der einzelnen Appellationen sehr eigenständige Charakter.
Gattinara ist geprägt von Vulkangestein, von rötlich-braunem Porphyr. Ebenso Boca, wo die Porphyr-Böden oft eine rosa bis violette Färbung haben. Uralte marine Sande bilden die stark sauren, mineralstoff-reichen Böden von Lessona. Der langgezogene Hügel, auf dem die Appellationen Ghemme, Sizzano und Fara aneinander gereiht liegen, ist vom Sesia-Fluss und den Schmelzwassern des Monte-Rosa-Gletschers geformt worden: Schutt und Geröll unterschiedlichster Natur und Zusammensetzung.
Der Monte Rosa, Europas zweithöchster Berg, schützt das Gebiet vor kalten Nordwinden. Das Klima ist gemäßigt und von einer langen Vegetationsperiode geprägt. Die Winter sind mild und schneelos – in den Gärten stehen Palmen und Bananenstauden. Im Sommer hingegen bringen die Luftströmungen von den Gletschern und aus den Alpentälern nächtliche Abkühlung. Die Reben treiben sehr früh aus und die Traubenreife zieht sich oft bis weit in den Oktober hinein.
Diese klimatischen Bedingungen tragen dazu bei, dass im Alto Piemonte sehr tiefgründige Nebbiolo-Weine entstehen. In einigen Appellationen sind sie reinsortig, in anderen enthalten sie Anteile der Rebsorten Uva Rara, Vespolina und Croatina.
Eleganz und Komplexität
Wenn es Weine gibt, auf die die abgedroschene Charakterisierung mineralisch passt, dann sind es sicher die des Alto Piemonte. Weine, die nicht von Kalkböden stammen, sondern von solchen, die weltweit zu den sauersten Weinbergsböden überhaupt gehören.
Die von Lessona sind besonders transparent, feingewebt und finessenreich. Komplexe Frucht, oft mit floralen Facetten, ein Anflug von Kühle, spürbare Salzigkeit. Ganz anders die Weine von Boca: Würzig-mediterran, energiegeladen, warm, mit fester Struktur. Auch Gattinara verfügt über festes, dichtes Tannin. Ghemme ist oft üppiger in der Frucht, runder, mit etwas moderater wirkendem Gerbstoff. Die Unterschiede zu Sizzano und Fara sind größtenteils winzerbedingt, denn alle drei Weine wachsen nahezu unter den gleichen Voraussetzungen. Was alle Weine eint sind Facettenreichtum, Tiefgründigkeit und große Eleganz.
Christoph Künzli kam 1988 das erste Mal nach Boca. Damals war er noch Weinhändler in der Schweiz. Die Weine von Antonio Cerri, einem der letzten Winzer von Boca, waren eine Offenbarung. Das Beste, was er je getrunken hatte: „Ich probierte Weine aus den 70er, 60er und 50er Jahren. Nebbiolo mit einem Anteil Vespolina, wie für Boca üblich, mit langer Reifezeit in großen Fässern: Große, ganz große Weine, unglaublich! Bis heute größer als alles, was ich sonst kenne, Romanée inbegriffen. Diese Weine sind der Grund, warum ich hier bin“, sagt Künzli.
Und ich kann seine Begeisterung absolut verstehen. Die Weine des Alto Piemonte faszinieren mich, seit ich sie das erste Mal probiert habe. Ihre Stoffigkeit und Kraft, verbunden mit einer unglaublichen Eleganz, machen sie mit zum Schönsten, was aus Nebbiolo-Trauben entstehen kann. Barolo gerät manchmal zu wuchtig und schwer, Valtellina vielleicht zu dünn, hier finden sie das perfekte Gleichgewicht.
Zu meinen Lieblingsweinen gehört seit Jahren Francesco Brigattis Möt Ziflon – vom „Hügel, auf dem die Vögel singen“. Früher mit einem der hässlichsten Etiketten der Weingeschichte versehen. Absoluter Kult. Ein Wein, der jenseits der berühmten Gebiete entsteht. In Suno, im Niemandsland – nur als Colline Novaresi abgefüllt und doch eine Ikone.
Dass nicht etwa erst die Auswirkungen der Klimaveränderung im Alto Piemonte gute Weine entstehen lassen, ist unter anderem an diesem Wein abzulesen. Den ich seit gut zwanzig Jahren kenne und schätze. Zwar profitieren die Winzer von den gestiegenen Temperaturen der vergangenen Jahre, weil sie keine Sorgen mehr mit der Traubenausreife haben. Aber der Klimawandel führt auch hier zu vermehrten Wetterextremen, Hagel zerstört immer regelmäßiger einen Teil des Ertrags.
Große Weine, kleines Comeback
Seit einiger Zeit geht es also aufwärts im Alto Piemonte – die Rebfläche wächst wieder, neue Betriebe entstehen, junge Nachwuchs-Winzer engagieren sich. Wie wird es nun weitergehen?
Werden nach Conterno und dem Barbaresco-Betrieb Paitin, der hier kürzlich ein Weingut übernommen hat, weitere Produzenten aus den Langhe folgen, die das Terroir und das kühlere Klima des Alto Piemonte zu schätzen wissen? Kommt jetzt ein Boom?
Kommt jetzt ein Boom?
Nicht nur Christoph Künzli ist da eher skeptisch. Denn wegen der kleinteiligen Besitzverhältnisse ist es sehr schwierig, an zusammenhängendes Land zu kommen: „Ich musste für meine zehn Hektar Weinberge hundert Familien davon überzeugen, ihr Stückchen Land an mich zu verkaufen. Und dann hatte ich ja noch keine Weinberge. Das war ja nur Wald. Und heute Wald zu roden, ist fast unmöglich geworden, die bürokratischen Hürden sind extrem. Entweder man hat die Chance, ein bestehendes Weingut zu übernehmen oder man muss sehr langen Atem haben.“
Weinbau strikes back
Sicher ist: Das Gebiet hat enormes Potenzial und die ansässigen Weingüter zeigen bereits, was hier möglich ist. Paolo de Marchi ist überzeugt: „Ohne Reblaus und Industrie stünde das Alto Piemonte heute auf einer Stufe mit Burgund.“
Die Textilindustrie brachte nur Wohlstand für zwei, vielleicht drei Generationen. Heute wird in Asien produziert. Fast alle Fabriken stehen leer. In einer dieser leerstehenden Hallen haben Luca und Paolo De Marchi die neue Kellerei ihres Weinguts Proprietà Sperino eingerichtet. Neben der Annehmlichkeit, bereits bestehende Strukturen nutzen zu können, ist es eine Entscheidung mit zukunftweisender Symbolik: „Das ist eine unglaubliche Genugtuung für uns. Die Textilindustrie hat den Weinbau kaputt gemacht. Wir holen uns heute das Verlorene zurück.“
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Winzertipps
Antichi Vigneti di Cantalupo
Alberto Arlunno führt in Ghemme eines der bekanntesten Weingüter der Gegend. Es gehört zu den wenigen historischen Betrieben: Den Anfang machte ein um 1800 erworbener Weinberg. Cantalupo erzeugt Ghemme in verschiedenen Versionen, die seit vielen Jahren zu den besten Weinen des Alto Piemonte gehören. Legendär ist sein Einzellagenwein Collis Breclemae mit besonders gutem Reifepotenzial. Mit 35 Hektar gehört das Weingut zu den größten der Region.
Francesco Brigatti
Der Ort Suno liegt außerhalb der historischen Weinbaugebiete, die Böden sind aber zum Teil mit denen von Ghemme, Fara und Sizzano identisch. Francesco Brigatti führt den vom Großvater gegründeten Familienbetrieb. Wenn man aus seinem Weinberg „Möt Ziflon“ nach Westsüdwest blickt, kann man jenseits des Waldes die Hügel von Ghemme und Gattinara sehen. Empfehlenswert sind sein geradliniger, eleganter Möt Ziflon aus vorwiegend Nebbiolo sowie die knackig-fruchtigen und leicht herben Weine aus den Sorten Uva Rara und Vespolina. Brigatti gehört zu den wenigen Winzern, die beide Varietäten reinsortig ausbauen. Insgesamt füllt er nur 30.000 Flaschen ab.
Bezugsquellen: Goldhahn & Sampson
Gilberto Boniperti
Auch Gilberto Bonibertis Weingut liegt außerhalb der historischen Anbaugebiete. Das tut seinem feinfruchtigen Nebbiolo Carlin aber keinen Abbruch. Und so wie Brigatti im Bereich Ghemme ein paar Reben hat, besitzt auch Gilberto einen kleinen Weinberg in der nahegelegenen Fara DOC. Dort wachsen die Trauben für seinen sehr empfehlenswerten Fara Barton, von dem man sich unbedingt ein paar Magnums in den Keller legen sollte. Nach ein paar Jahren Flaschenreife beschert einem der Wein ein grandioses Erlebnis. Gilberto bewirtschaftet vier Hektar Reben und erzeugt rund 20.000 Flaschen.
Bezugsquelle: Weindurst.de
Le Piane
Christoph Künzli ist wie Paolo de Marchi eine der zentralen Persönlichkeiten, die durch ihr leidenschaftliches Engagement ein vergessenes, fast verschwundenes Weinbaugebiet wiederbelebt haben. Als er 1988 das erste Mal nach Boca kam, erkannte er gleich, was hier für großartige Weine entstehen können. Der damalige Weinhändler nahm die Weine des letzten in Boca verbliebenen Winzers Antonio Cerri in sein Programm auf. Als Cerri 1995 aus Altersgründen nicht mehr weitermachen konnte, pachtete Künzli dessen Weingärten und wurde Winzer. 1998 pflanzte er seinen ersten Hektar Reben. Heute ist sein Boca DOC auf den Weinkarten von Spitzenrestaurants weltweit zu finden.
Bezugsquelle: Superiore.de
Pietro Cassina
Die Weinberge in Lessona sind schon seit vielen Generationen im Besitz der Familie von Pietro Cassina. Als sein nach Kalifornien ausgewanderter Vater 1950 hierher zurückkehrte, machte er nur etwas Wein für den Hausgebrauch. Pietro arbeitete als Architekt und Designer, bevor er vor gut zwanzig Jahren begann, die familieneigenen Weinberge wieder herzurichten und professionell zu bewirtschaften. Heute entstehen in der selbstentworfenen, modernen Kellerei feiner Lessona DOC und strukturierter Bramaterra DOC sowie der Nebbiolo Severina. Auf sieben Hektar erzeugt Cassina um die 30.000 Flaschen.
Proprietà Sperino
Nach dem Hagelsturm von 1905 diente das Anwesen noch als Sommerhaus. Paolo de Marchi konnte es 1998 bei seinen Verwandten auslösen und begann zusammen mit Sohn Luca mit dem Wiederaufbau. Dafür pendelte er mehrere Jahre zwischen seinem Weingut Isole e Olena in der Toskana und Lessona hin und her. Luca studierte zu dieser Zeit Literatur in Turin und half dem Vater am Wochenende beim Setzen der Pfähle, beim Rebschnitt, beim Anbinden der Triebe – und entschied sich schließlich zu bleiben. Den ersten Lessona erzeugten sie im Jahr 2004 – hundert Jahre nachdem auf Sperino zum letzten Mal Wein gemacht worden war. Heute ist die Appellation Lessona Kennern wieder ein Begriff für feine, extrem elegante Wein mit ausgesprochener Salzigkeit.
Bezugsquelle: Superiore.de
Tenute Sella
Im ältesten Weingut des Alto Piemonte wird ohne Unterbrechung seit 1671 Wein erzeugt. Seit dieser Zeit ist das Anwesen im Besitz der Familie Sella, die ursprünglich Textil-Unternehmer waren und sich später als Bankiers und Politiker einen Namen machten. Ihr ganzer Stolz ist die berühmte Einzellage San Sebastiano allo Zoppo, die eine Hügelkuppe über den Dächern von Lessona bedeckt. Hier wurden nachweislich schon 1436 die ersten Reben gepflanzt. Neben Lessona DOC erzeugt Sella auch Bramaterra DOC, die Weine kommen meist erst verhältnismäßig spät auf den Markt.