Der dichte Nebel liegt noch über den sanften Hügeln, als die ersten Sonnenstrahlen die Landschaft in goldenes Licht tauchen. Wir sind in Brda, einer hügeligen Grenzregion zwischen Slowenien und Italien, an einem Ort, wo sich die Zeit und Natur auf besondere Weise treffen – wo Weinberge, Olivenhaine und duftende Wälder nebeneinander gedeihen und die Luft rein und gleichzeitig reich an Aromen ist.
People breath here one air!
Brda hat eine lange Tradition im Weinbau, die Wurzeln reichen zurück bis in die Römerzeit. Doch trotz langer Historie sind die Weine außerhalb der Region kaum bekannt. Bis 1918 waren das heutige slowenische Brda und das italienische Collio unter der Herrschaft der Habsburger vereint. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg wurden sie geteilt: Brda gehörte fortan zu Jugoslawien, Collio zu Italien. Diese historischen Umbrüche prägten auch die Weinbaukultur der Region und hinterließen eine einzigartige, länderübergreifende Identität.
Schmuggel, Schleichwege & Spitzenweine
Auch heute noch erzählen sich die Bewohner Geschichten von geheimen Wegen und listigem Schleichhandel. Sogar im kommunistisch geprägten Jugoslawien wollte man nicht auf die Dolce Vita aus Italien verzichten. Designerküchen wurden in Einzelteilen über die Grenze geschmuggelt, während Frauen die feinsten Delikatessen „Made in Italy“ unter ihren Röcken versteckten und an den Grenzposten mit einem selbstbewussten „Nicht anfassen!“ vorbeimarschierten. Eine stille Revolution, die sich über die Jahre hinweg zu einer einzigartigen, friedlichen Symbiose entwickelte – eine, die noch immer spürbar ist. Man hielt und hält zusammen. Damals wie heute. Ein Gefühl, das auch die Weine von Brda ausdrücken.
„People breath here one air!“, bringt es der Winzer Marco Skokaj auf den Punkt.
Brda: Terroir der besonderen Art
Das Anbaugebiet erstreckt sich auf gerade einmal 1.900 Hektar (ungefähr so groß wie das Jura) und bietet mehr als nur guten Wein – es ist ein Ort, an dem sich Natur und Mensch gegenseitig formen und inspirieren.
Ein Geheimnis des Erfolgs von Brda liegt im Terroir. Die mineralischen Verwitterungsböden, bekannt als Opoka, sind eine uralte Formation aus verschiedenfarbigem Mergel und Sandstein. Dieses poröse, organisch äußerst karge Gestein ermöglicht es den Reben, tief zu wurzeln, wodurch sie selbst unter extremen Wetterbedingungen optimal gedeihen. Bei heftigen Regenfällen leiten die Böden das Wasser tief hinab und speichern gleichzeitig ausreichend Feuchtigkeit, um die Reben in Trockenperioden zu versorgen. Doch es ist nicht nur der Boden, der Brdas Weine prägt. Der kalte, trockene Bora-Wind, der aus dem Landesinneren weht, sorgt für eine ständige Belüftung der Reben und fördert deren Gesundheit – das Ergebnis sind Weine mit einer lebendigen Frische und einer unverwechselbaren Handschrift. Ein Großteil wird biologisch bewirtschaftet.
Über 80 Prozent der Weinberge liegen auf steilen Hügeln und Terrassen, von denen viele bis in die Römerzeit zurückreichen. Diese alten Mauern, die einst gebaut wurden, um das schwierige Terrain zu zähmen und die arme Region urbar zu machen, sind heute noch Zeugen der langen Weinbautradition.
Doch es sind nicht allein die natürlichen Gegebenheiten, die Brda ausmachen. Der wahre Schatz dieser Region liegt in den Menschen, die ihr Land mit Hingabe bewirtschaften. Die Winzer und Bauern haben eine tiefe Beziehung zu ihrem Terroir entwickelt und wissen, wie sie das Beste aus den Opoka-Böden herausholen. Die Region ist voller Leben – nicht nur in den Reben, sondern auch in der Landschaft selbst. Zwischen den Weinbergen erstreckt sich ein lebendiges Mosaik aus wilden Blumen, summenden Bienen und Schmetterlingen.
Lebendiges Mosaik
Diese außergewöhnliche Biodiversität macht Brda zu einem Ort, an dem Natur und Kultur miteinander verschmelzen. Jedes Produkt, das hier entsteht, ist ein kleines Kunstwerk, das von Generationen der Hingabe und einem tiefen Respekt vor der Natur erzählt. Diese Verbundenheit spiegelt sich natürlich auch in den Weinen wider, die nicht nur den Charakter der Region, sondern auch die Geschichte und Persönlichkeit ihrer Macher in sich tragen.
Marjan Simčič: Ein Visionär mit tiefer Verbindung zu seinem Land
Kein Winzer verkörpert Brda besser als Marjan Simčič. Seit 1860 ist die Familie Simčič im Weinbau tätig. Schon Marjans Urgroßvater erkannte das Potenzial des Opoka-Terroirs und legte den Grundstein für das heutige Weingut, das direkt an der Grenze liegt. Heute führt Marjan es in fünfter Generation mit seiner Frau Valerija und bewirtschaftet 25 Hektar –sowohl auf slowenischer als auch italienischer Seite. Seine Weine sind nicht nur Essenz des Terroirs, sie sind auch das Resultat jahrelanger, akribischer Feldforschung.
Marjan hat jede Lage, jede Parzelle seines Weinguts genau analysiert, um dann die besten Rebsorten, aber auch dazu passende Bäume und Sträucher auszuwählen, um die Biodiversität zu fördern und das ökologische Gleichgewicht zu unterstützen. Der Name ist Programm: Agroforst. Bedeutet: Alle Pflanzen werden so gepflanzt, dass sie nicht miteinander konkurrieren, sondern im Einklang miteinander wachsen. So, wie es früher war – nur wissenschaftlich fundiert.
Dieses System trägt nicht nur zur CO₂-Reduktion bei, indem Kohlenstoff in dem Gehölz und im Boden gespeichert wird, sondern auch indem die Artenvielfalt gefördert wird: Lebensräume für Vögel, Insekten und andere Tiere. Gleichzeitig wird die Widerstandsfähigkeit der Weinberge gegenüber Wetterextremen gestärkt: Die tiefen Wurzelsysteme helfen dabei, Wasser aus tieferen Bodenschichten umzuverteilen und die Verdunstung durch den Schatten der Baumkronen zu verringern. So wird nicht nur der einzigartige Charakter der ursprünglichen Landschaftsstruktur und somit des Terroirs bewahrt, sondern es trägt auch aktiv dazu bei, den Herausforderungen des Klimawandels entgegenzuwirken. Win-Win für alle!
Das Resultat zeigt sich an den fünf Einzellagen, darunter vier Crus in Brda und einem im italienischen Collio. Einerseits an der sofort spürbaren Biodiversität, die nicht nur schön anzusehen ist, sondern vor allem in den Weinen, die das einzigartige Potenzial jedes Weinbergs bis zum letzten Bodenmikrobiom voll auszuschöpfen scheinen.
Kaum ein Portfolio eines Winzers ist so stimmig und stringent wie das von Marjan Simčič. Es spricht eine ganz eigene Sprache und zeigt vom „kleinsten“ bis zum „größten“ Wein stolz seine Herkunft. Ein Highlight ist der 2020er Sauvignon Vert (ca. 47 €) aus dem wohlältesten Weinberg (mit über 95 Jahre alten Reben) der Grenzregion, gepflanzt von Marjans Großvater Teodor: Ronc Zegla (Collio). Durch seine erstaunliche Mineralität und Dichte spiegelt dieser Wein die Opoka-Böden perfekt wider. Mit komplexem Aromenspiel von weißem Pfirsich, Bergbirne, Melone und einem bunten Strauß an Kräutern und grünem Tee ist dieser Wein mit seiner straffen Säurestruktur, seiner bemerkenswerten Konzentration und seiner feinen rauchig-salzigen Mineralität ein Paradebeispiel für das, welch großen Weine in dieser Grenzregion möglich sind.
Unweit von Ronc Zegla entfernt, aber auf der slowenischen Seite, liegt der etwas höher gelegenere Grand Cru Medana Jama. Hier wachsen bis zu 70 Jahre alte Rebula-Reben, die im 2021er eindrucksvoll zeigen, was in dem Terroir steckt: Expressive Aromen von Pfirsichfrüchten, Wildkräutern, Gewürzen und die in Brda verbreitete Kaki-Frucht. Intensiv und komplex. Unheimlich saftig, steinig mit rauchig-salziger Mineralität und vibrierender Säure. Ein Wein (ca. 54 €), der wie seine Heimat im Sommer duftet und schmeckt.
Bricht man ein Stück des porösen, bräunlichen Opoka-Steins ab und riecht daran, bekommt man eine Vorstellung von jenem salzig-rauchigen Bouquet, das man hier in allen Weinen findet. In den Händen von Marjan Simčič wird der Ausdruck des Bodens, der Geschichte und des Klimas in den Weinen regelrecht lebendig.
Dolfo: Wein mit Seele
Während Marjan Simčič der akribische Visionär ist, der nach Perfektion strebt, ist sein Nachbar Marco Skokaj vom Weingut Dolfo der entspannte Gegenspieler. Auch er ist ein leidenschaftlicher Winzer, aber seine Philosophie ist eine andere: „Wein soll Spaß machen!“, grinst Marco verschmitzt. Mit seinem Weingut Dolfo, das er nach seinem Großvater benannt hat, sucht er einen puren, ehrlichen Ausdruck der Region.
Marco bewirtschaftet mit seiner Familie 15 Hektar, davon elf in Slowenien und vier im italienischen Collio. Seine Weine sind fröhlicher Natur, zugänglich, aber dennoch komplex – wie der 2023er Rebula (ca. 12 €), der im Stahltank ausgebaut wird und durch seine Pureness, die salzige Mineralität und das Aromenspiel von Pfirsich und wilder Kamille begeistert. Selbst das Pendant aus 2015 zeigt sich mit seinen zehn Jahren auf dem Buckel immer noch enorm animierend.
Der 2021er Modri Pinot – das Gegenteil von modrig – beweist, dass das Terrain auch für Pinot Noir geeignet ist. Modri Pinot bedeutet Pinot Noir auf Slowenisch. Die Sorte zeigt sich hier fein, rotduftig – elegant, vibrierend, und mit einer delikaten Frucht, die mit blauen Beerenfrüchten, Lavendel und feuchtem Waldboden an einen herbstlichen Spaziergang auf einer wunderschönen kleinen Farm in der Nähe erinnert (doch dazu zu einem späteren Zeitpunkt mehr).
Rebula – Überlebenskünstlerin mit Geschichte
Die einheimische Rebsorte Rebula– oder Ribolla Gialla, wie sie in Italien genannt wird – hat in der Grenzregion ihre Heimat. Sie ist eine wahre Überlebenskünstlerin: Sie hat Kriege überstanden, die Zerstörung durch die Reblaus und das Wirrwarr der politischen Teilungen nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Italiener ließen sie irgendwann fallen, während Slowenien sie weiterhin schätzte – auch wenn der Qualitätsanspruch in der sozialistischen Zeit eher zu Wünschen übrig ließ. Doch selbst unter dem Druck des jugoslawischen Systems konnte sich Rebula behaupten.
Heute ist Rebula mit einer Anbaufläche von rund 500 Hektar – etwa ein Viertel der gesamten Rebfläche der Region – der Star der Weinlandschaft. Ausgebaut im Stahltank, in Holzfässern, Betoneiern oder Amphoren, mit oder ohne Schalenkontakt: Hier entstehen vielfältige Weine, die aber eine Sprache sprechen. Eine klar erkennbare Herkunft haben. Jeder Winzer bringt seine Version und Geschichte in die Flasche. Die besten Weine entstehen an den steilen Hängen, wo die Reben mit dem kargen Boden und dem rauen Klimakämpfen.
Klet Brda: Eine starke Gemeinschaft
In der Genossenschaft Klet Brda, die auf eine lange Tradition zurückblickt, vereinen sich Geschichte, Innovation und Qualität. Dies klingt abgedroschen, doch gibt es dafür allerhand Beweise.
Zvonimir Simčič, der visionäre Leiter in der autokratisch geprägten Ära, sah das Potenzial der Rebsorte Rebula und setzte alles daran, ihre Qualität zu fördern – selbst wenn das bedeutete, heimlich moderne Kellereiausrüstung – als Milchbedarf gekennzeichnet – aus Italien zu schmuggeln.
Heute bewirtschaften 320 Familien – im Durchschnitt rund 2,5 Hektar – quasi als Landschaftspfleger die steilen Hanglagen und liefern ihre Trauben bei dem jungen, talentierten Önologen Luka Ribolica und seinem Vater ab. Mit einer beeindruckenden Jahresproduktion von 1,5 Millionen Litern schafft Klet Brda das Kunststück, außergewöhnliche Weine zu fairen Preisen anzubieten.
Besonders die Premiumlinie De Baguer und die Einzellagen, aber auch die Krasno-Linie, eine Hommage an die hohen Lagen, überzeugen mit Komplexität und mineralischer Struktur – zu einem ein unschlagbares Preis-Genuss-Verhältnis (ca. 9 – 11 €). Kein Wunder, dass selbst die renommiertesten Winzer der Region nur Lobeshymnen schwingen und Promi Ralf Schumacher hier bester Kunde ist und seine eigene Weinlinie kreiert. Bei Klet Brda ist Wein nicht nur ein identitätsloses Produkt wie in vielen großen Kellereien, sondern ein Ausdruck von Gemeinschaft und Stolz. Immerhin wird hier die Hälfte der in Brda produzierten Trauben verarbeitet.
Eine der ältesten Lagenklassifizierungen der Welt und ihre Renaissance
Von 1751 bis 1786 ließ Kaiserin Maria-Theresia die Weinberge von fast 200 Dörfern in Brda und Collio in neun Qualitätsstufen klassifizieren – ein fiskalisch motivierter Schritt, der indirekt die Bedeutung von Terroir und Weinqualität dokumentierte. Diese Klassifikation, erst vor rund vierzig Jahren vom Historiker Stefano Cosma entdeckt, ist mit der Lagenkarte von Tokaj-Hegyalja eine der ältesten der Welt und datiert lange vor den berühmten Klassifikationen aus Burgund (1831), Bordeaux (1855) und den preußischen Lageneinteilungen von Rheingau (1867) und Mosel-Saar-Ruwer (1868). Welch Sensation!
Domaine Vicomte de Noüe-Marinčič – Noblesse Bourguignonne oblige
Doch lange blieb diese von geringer Bedeutung. Erst der Franzose Charles-Louis de Noüe, dessen Großmutter mit ihren Brüdern die renommierte Domaine (Anne-Claude) Leflaive im Burgund (sowie Clau de Nell an der Loire) aufgebaut hat, erkannte das Potenzial dieser Entdeckung. Aufgrund der mittlerweile immensen Kosten für Weinbergsflächen an der Côte d’Or und familiären Verstrickungen suchte Charles-Louis nach bezahlbarem Grand Terroir für Grands Vins. Fündig wurde er in Brda und dem Collio.
Gemeinsam mit dem Winzer Anis Marinčič beflügelte er das Selbstbewusstsein der örtlichen Winzerkollegen und somit die Region. Die Domaine Vicomte de Noüe-Marinčič stellt seit 2019 Weine her, die gezielt die Feinheiten einzelner, damals klassifizierter Crus (von I bis IV) herausarbeitet – allen voran Chardonnay, der das Terroir – neben Rebula – ebenfalls besonders gut widerspiegelt. Graf Teodoro La Tour en Voivre heiratete 1868 die friaulische Adelige Elvina Ritter de Zahony aus Görz und brachte neben dem Chardonnay auch Sauvignon Blanc, Merlot und Cabernet Sauvignon aus Frankreich mit. Man kann also sagen, dass diese Rebsorten mittlerweile hier heimisch geworden sind.
Der Chardonnay "Tejca" Vedrignano II Cru (Collio), Jahrgang 2021 (85 €) zeigt sich zart nussig mit feiner gelben Tropenfrucht, mit einem Hauch von Weinbergspfirsich und Ananas, sehr einladend. Am Gaumen elegant und finessenreich, straff und saftig mit feiner gelben Fruchtsüße. Finessenreiche Säure, tänzelnde Mineralität mit schöner Länge. Für Charles-Louis de Noüe ist der Cru Vedrignano etwas ganz Besonderes, er vergleicht ihn mit dem Premier Cru Clos de la Pucelle in Puligny. Nur ein "Premier Cru", aber mit extremer Handschrift. Nur wenige Meter gegenüber liegt der Cru Groblja. Die Weine dieser Lage sind schmeckbar sehr viel kraftvoller und mineralischer. Sie erinnern den Franzosen an Pendants aus Meursault.
Mein Highlight ist der Ribolla Gialla „Erigone“ 2021 (25 €) aus der Grand Cru-Lage Gaugnaz (Brda), der Eleganz, Mineralität und rauchige Salzigkeit mit burgundischer Finesse verbindet. Gelbe und weiße Steinfrüchte, reife Äpfel, Brioche und Zitronentarte. Cremig, aber mit lebendigem Säuregerüst und der typischgen Würzigkeit von Brda. Bewirtschaftet wird biodynamisch, mit dem Ziel, strukturierte Weine zu schaffen, die die Geschichte des Terroirs erzählen und mit den besten Burgundern auf einer Stufe stehen.
Starwinzer Jermann entdeckt das Terroir von Brda
De Noüe ist nicht der Einzige, der das „Grand Terroir Brda“ für sich entdeckt hat. Auch der Qualitätspionier Silvio Jermann, bekannt durch Kultweine wie „Vinnae“, hat das Potenzial längst erkannt. 2021 verkaufte er sein Weingut im benachbarten Friaul an Antinori und richtete seinen Fokus fortan auf Brda. Seine Liebe zur Region wurzelt in seiner großväterlichen Familie, die zum Teil aus Brda stammt. Sein Rebula „Visvik 2023“, aus der gleichnamigen Lage, vereint florale und fruchtige Aromen mit einer salzigen Mineralität. Für Silvio Jermann ist es „der Geschmack meiner Jugend, der Geschmack meiner Heimat“. Ein vielversprechender Vorstoß in eine neue Zukunft.
Ferdinand: Weine mit Bergluft
Das Weingut Ferdinand, umgeben von den höchst gelegenen Weinbergen der Region, ist schon alleine optisch ein Juwel. Von dort hat man einen spektakulären Blick auf die gesamte Grenzregion.
Matjaž Četrtič übernahm im Alter von 17 Jahren einen alten Weinberg seines Großvaters. Der hauseigene Keller wurde für den Profi-Fußballer aber schnell zu klein und er entschied sich mit Ende 20, seiner Leidenschaft für den Weinbau zu folgen. So bauten Matjaž und seine Frau Jasmina ihr eigenes Boutique-Weingut, das vor rund vier Jahren fertig wurde. Als Hommage an seinen Großvater benannte Matjaž sein Weingut Ferdinand.
Heute bewirtschaften die Četrtičs acht Hektar Weinberge. Mehr sollen es auch gar nicht werden, denn lieber arbeitet der Tüftler seine Mikro-Terroirs heraus. Auf den steilen, felsigen Hängen gedeiht vorwiegend Rebula optimal und ergibt Weine von beeindruckender Eleganz und Mineralität. Klassisch ausgebaut im Stahltank, aber auch in slowenischer Eiche (Época) bis hin zur „Brutus“-Version mit längerer Mazeration zeigen die Weine durch die Bank eine Handschrift. Sein Antrieb und seine Vision, Brda in der Weinwelt zu etablieren, merkt man bei jedem Satz, den er spricht, und in jedem Schluck seiner Weine.
Der 2022er Rebula "Época" (27 €) besticht durch Aromen von Lindenblüten, Birnen, Zitrusfrüchten und Kräutern wie Anis und wilder Kamille. Straffe Struktur, rauchig-mineralisch mit langem, würzigen Abgang. Auch die reiferen Jahrgänge 2019 und 2015 zeigen, dass diese Weine auf dem Parkett internationaler Spitzenweine locker mittanzen können.
Neben der Rebula überzeugt auch der „Brutus Red“ 2018 (60 €), eine animierende, von Merlot dominierte Cuvée, die mit ihren komplexen Aromen an einen Herbst-Spaziergang erinnert. Auch der 2021er „Amber Gris“ (25 €) fasziniert, ein komplexer, lang anhaltender Wein mit sieben Tagen Maischemazeration und zwölfmonatigen Ausbau auf der Hefe. In ihm finden sich Aromen eines ganzen Teegeschäftes, er zeigt eine elektrisierende Frische. Alle Weine sind ein wunderbares Abbild der Landschaft, auf die man blickt.
Einheit über Grenzen hinweg: Sinefinis
Zwischen Brda und Collio verschwimmen die Ländergrenzen – erkennbar, in welchem Land man gerade ist, nur noch an den Straßenschildern und den Überresten alter Grenzposten. Die Grenze fühlt sich an wie ein altes Relikt auf der Landkarte, nicht aber im Alltag der Menschen. Das Schaffen dieser einstigen Einheit, ist das Ziel vieler Winzer: eine gemeinsame Appellation „Brda-Collio“. Doch das Vorhaben bleibt schwierig, wie Marjan Simčič, der auch Präsident des Konsortiums ist, erzählt: „Die Grenze existiert nur auf der Landkarte und in Brüssel, aber nicht in den Köpfen der Menschen hier.“
Ein Wein, zwei Länder, ...
Matjaž Četrtič und Robert Princic vom Weingut Gradis’ciutta im Collio zeigen symbolisch, dass solche Hürden überwunden werden können. Ihre Weinberge liegen nur einen Steinwurf voneinander entfernt, jedoch in zwei Ländern. Für die Freunde, die sich während ihres Studiums kennenlernten, war die Grenze nie ein Hindernis. Ganz im Gegenteil: Oft diskutierten sie bis tief in die Nacht über die gemeinsame Geschichte und Kultur ihrer beiden Regionen. Ihre Vision: ein Wein, der Brda und Collio vereint und so die Geschichte der Region und ihrer Macher erzählt.
Die Idee ist 2018 Realität geworden: „Rebolium Sinefinis“. Der Name „Rebolium“ steht für Rebula (Ribolla Gialla). „Sine finis” bedeutet auf lateinisch „ohne Grenzen”. Insgesamt gibt es vier Schaumweine, alle traditionell versektet.
... eine Seele.
Mein Favorit: die Top-Cuvée „Sinefinis“ Brut Nature. Über 60 Monate auf der Hefe gereift, überzeugt dieser Schaumwein mit seiner feinen Perlage und verbindet italienische Eleganz und slowenische Authentizität. Cremig, aber gut strukturiert. Komplexe Aromatik nach weißem Pfirsich, grüner Erdbeere, Zitrusfrüchten und grünem Apfel, gepaart mit einem pfeffrig-würzig, fast erdigen Touch. Wunderbar lang – und das für rund 33 €.
„The wind of change blows straight into the face of time”
Doch „Sinefinis“ ist vielmehr als nur ein Wein – es ist eine Botschaft. Eine Botschaft wieder mehr zu wagen, sich zu engagieren und gemeinsam Einzigartiges, unmöglich Erscheinendes zu schaffen. Nicht nur für die Weinwelt, sondern auch für Europa und den Rest der Welt.
Winzertipps & Bezugsquellen:
Marjan Simčič: www.garibaldi.de
Dolfo: www.dolfo.eu
Klet Brda: www.weinnatur.de
Noue: www.twil.fr
Ferdinand: www.honest-rare.de
Sinefinis: www.honest-rare.de